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Kleine Beiträge zur Meckenheimer Geschichte 5
Meckenheims Rathäuser - Ein Blick in 428 Jahre Meckenheimer Geschichte
Sie sind der Verwaltungssitz der Stadtverwaltung und der Sitzungsort des Stadtrates – unsere Rathäuser. 2017 bezieht die Stadtverwaltung der Stadt Meckenheim ein neues Gebäude. Ein Anlass, an die Rathäuser zu erinnern, die es in Meckenheim gab.
Als älteste Rathäuser im deutschsprachigen Raum gelten die in Köln und Soest. Dass sie Symbol für Wohlstand und Machtstreben der Bürger einer Stadt waren, zeigen beispielsweise die Rathäuser in Bremen, Aachen, Münster oder der Frankfurter Römer. Anspruch und Selbstverständnis der städtischen Elite spiegelte sich in der oft reichhaltigen architektonischen Ausgestaltung der Gebäude wider. Aber selbst die Bürgerschaft einer kleinen Gemeinde wie Meckenheim hatte ein Gebäude, das als Versammlungsort diente, wenn es auch weitaus weniger aufwändig gestaltet war als die Rathäuser der großen Handelsstädte.
Meckenheim kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, die erste schriftliche Überlieferung stammt von 853. Der kleine Ort entstand aus zwei Fronhofsverbänden, dem des Bonner Stiftes St. Cassius sowie dem des Kölner Stiftes St. Maria ad Gradus. Die Gemeindebildung der Siedlung gelang spät, im Verlauf des 14. bis 15. Jahrhunderts, als auch die erste Ortsbefestigung angelegt wurde. Erst 1636 bekam der kleine Ort, als letzter im Kurfürstentum Köln, die Stadtrechte verliehen. Seine Bevölkerung, vor allem agrarwirtschaftlich orientiert, bestand aus Bauern und Handwerkern. Prägend für die Meckenheimer Geschichte wurde die Herrschaft der beiden Grundherren. Sie wirkte sich auch auf die Verwaltung der Gemeinde aus. Die Stifte setzten im Mittelalter Vögte ein, die auf die Einhaltung der grundherrlichen Rechte achteten, später waren es Amtmänner und der Gewaltschultheiß, die die Stifte in Meckenheim vertraten. Die auf beiden Fronhöfen eingesetzten Hofschultheißen waren nur für diese verantwortlich. Für die Gemeinde bedeutete dies, dass es eine selbstbestimmte Verwaltung des Ortes durch die Bürger nicht gab, da der Gewaltschultheiß die Gemeindeangelegenheiten entschied.[1] Im Mittelalter wurden von den Ortsherren für jede Grundherrschaft sieben, also insgesamt vierzehn Schöffen eingesetzt, später wurde ihre Zahl auf insgesamt sieben reduziert. Sie hielten mit dem Schultheißen die Hof- und Gerichtstage ab. In einer Steuerliste von um 1490 ist erstmals ein Bürgermeister[2] erwähnt, der später jährlich gewählt wurde. Er stand jedoch unter dem Schultheißen und hatte gemeinsam mit vier eingesetzten Ratsverwandten nur eine zweitrangige Stellung sowie begrenzte Rechte und Aufgaben.[3] Das änderte sich auch nicht, nachdem 1726 der Freiherr von Cler den Besitz und die Rechte des Mariengradenstiftes übernahm.
Ein Bürgerhaus zum Zierrat der Stadt
Obwohl Hof- und Gerichtstage auf den Fronhöfen abgehalten wurden, gab es nachweisbar seit 1589 ein Rathaus, auch Bürgerhaus genannt. Auf Anordnung beider Stifte hatte der Schultheiß "das Burgerhauß in Meckenheimb für die Unterthanen und Schull verordnet und bawen lassen", woran jedes Stift mit 18 Talern beteiligt war. Unter dem Bürgerhaus hatte er "ein new fast dienlig gefengnus" machen lassen, weil das alte nicht mehr brauchbar war. Außerdem wurde vor dem Gebäude ein „Halsbandt gemacht und an das Burgerhauß geschlagen".[4] Diese Quelle ist nicht nur eine erste Information über eine Schule, sondern sie dokumentiert die bestimmende Stellung der Grundherren, da sie das Haus bauen ließen und sich mit dem Pranger auch das Zeichen ihrer Gerichtshoheit an einem für die Gemeinde bestimmten Haus befand.[5] Das Bürgerhaus stand an der Ecke Oberstraße (heute Hauptstraße) – Kirchgasse (heute Adolf-Kolping-Straße).[6] Hier war der Mittelpunkt des Ortes, teilte er sich in Oberstadt und Unterstadt. Auch die Rathäuser großer Städte waren oft Mehrzweckgebäude, die beispielsweise im Untergeschoss und Keller teils Verkaufsstände und Lagerräume hatten und im Obergeschoss Räume für Verwaltungszwecke und politische Handlungen. Über die Größe von Meckenheims Bürgerhaus sind keine Angaben überliefert. Ob es, wie in der Nachbarstadt Rheinbach, ein Fachwerkbau mit zwei Stockwerken war, darüber lässt sich nur mutmaßen. Holz und Nägel sowie die Anfertigung der Türe vor der Bürgerhausstube kosteten zwei Gulden.
Wahrscheinlich wurde das Rathaus nicht vollständig fertig gebaut. In einem Brief, der nach 1636 geschrieben wurde, wandten sich Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt an beide Grundherren. Sie baten um einen Beitrag "zur Erbauung des angefangenen neuen" Rathauses. Der Bau sei bis zum "Aufschlagen" fertig; es wäre aber "hochschädlich", ihn zu bauen und ohne Dach über den Winter stehen zu lassen. Weil es jedoch unmöglich sei, einen solchen "kostbaren" Bau ohne Zutun der Grundherren allein aus den Mitteln der armen Bürgerschaft mit einem Schieferdach zu versehen, bitten sie in Anbetracht des Unvermögens der armen Bürger um eine Beihilfe, zumal dieser Bau "zur Zierat der Herrlichkeit und beiden Grundheren zu beliebigem Gebrauch gereiche".[7] 1659 klagen Bürgermeister und Rat über den Verfall des Rathauses. Sie seien zu unvermögend das „zu menniglich Spectaculum oedt und wüst liggende[s] Bürgerhauß“ reparieren zu lassen.[8]
Aus den Quellen ist nicht ersichtlich, ob das Rathaus beim großen Stadtbrand 1787 zerstört wurde. 1792 wird das Rathaus im Zusammenhang mit dem Protest des Ratsverwandten Michael Peters erwähnt, der sich beim Kurfürsten gegen die Abhaltung der Gerichtssitzungen im Meckenheimer Rathaus beschwerte.[9]
Die Französische Revolution von 1789 war das Ereignis, das auch das Rheinland und damit Meckenheim nachhaltig beeinflusste. Im Oktober 1794 hatten die Franzosen die linksrheinischen Gebiete erobert und 1801 annektiert. Sie begannen nun die eroberten Rheinlande an die rechtlichen und politischen sowie die administrativen Ordnungen Frankreichs anzugleichen. Der Zusammenbruch des Alten Reiches bedeutete nicht nur das Ende des Kurfürstentums Köln, sondern 1801 wurde durch die Säkularisation die Enteignung des geistlichen Besitzes begonnen. In Meckenheim verlor daher der verbliebene geistliche Grundherr, das Bonner Cassiusstift, seinen Besitz – eine über tausendjährige lokale Herrschaftsgeschichte war beendet. Die Zeit des der Meckenheimer Bürgerschaft vorstehenden Schultheißen war abgeschlossen. Als die neuen Munizipalverwaltungen im April 1798 ihre Arbeit aufnahmen, wurde Andreas Wachendorf aus Adendorf zum „Adjoint“ (Beigeordneter) ernannt. 1800 wurde das Präfektursystem eingeführt und die „Mairien“, die Bürgermeistereien, gegründet. Seit dem 25. Oktober 1800 übte Andreas Wachendorf das Amt als Maire, Bürgermeister, der neu gebildeten Mairie Adendorf aus. Zur Mairie gehörten neben Meckenheim die Gemeinden Merl, Lüftelberg, Ersdorf, Altendorf, Adendorf, Arzdorf sowie Fritzdorf. Den Maire unterstützten die Adjoints Henrich Hochscheid aus Meckenheim und Mathias Best aus Ersdorf. Zu vermuten ist, dass die Mairie nach der Gemeinde Adendorf benannt wurde, weil Wachendorf dort wohnte.
Wo übte der neue Maire – Bürgermeister sein Amt aus? Stand das alte Bürgerhaus noch und war es für die neuen Verwaltungen brauchbar, auch wenn diese nur klein waren? Die ersten fünf von den Franzosen bzw. Preußen eingesetzten Bürgermeister gingen ihren Amtsgeschäften in einem Amtshaus nach. Es ist fraglich, ob dieses Gemeindehaus mit dem alten Bürgerhaus identisch war. Eventuell wurde es doch beim Brand 1787 zerstört und ein neues Haus gebaut, was dann den ersten Bürgermeistern des 19. Jahrhunderts als Amts- und Wohnhaus diente.
Eine Postkarte mit der Angabe „Meckenheim und Umgebung 1825“ zeigt verschiedene Meckenheimer Motive, aber auch die Kirchen in Rheinbach und Fritzdorf oder die Burg in Gelsdorf. Die Karte selbst ist später entstanden, im Verlag von Johann Heinrich Holthöwer in Meckenheim.[10] Als Vorlage haben ältere Darstellungen gedient. Auf welches Jahr sich genau die Ansicht des Hauses bezieht, unter der die Bezeichnung Bürgermeister steht, ist unklar. Es ist jedoch berechtigt anzunehmen, dass der Stich oder die Zeichnung das alte Meckenheimer Rathaus zeigt, welches an der Ecke Hauptstraße – Kirchstraße stand. Es wird nicht das im 16. und 17. Jahrhundert gebaute Bürgerhaus sein, sondern ein Nachfolger.
Bürgermeister Hermann Joseph Schumacher (1833 – 1856) informierte 1833, dass er die Amtsgeschäfte aus dem Gemeindehaus in seine Privatwohnung verlegt habe, damit die Familie des verstorbenen Bürgermeisters Johann Christoph Wülffing (1814 – 1833) dort weiterhin wohnen konnte.[11] Ab 1833 nutzten die Meckenheimer Bürgermeister Räume in ihren Privathäusern, um ihren Amtsgeschäften nachzugehen. Aus dem Bürgerhaus, in dem bereits in zwei Räumen die Meckenheimer Kinder unterrichtet wurden, wurde später das Schulhaus. Auch die zwei oberen Räume, die als Schreibstube bzw. Wohnung gedient hatten, beherbergten nun Schulklassen. Hauptlehrer Theo Wiesel (1920 – 1950) berichtete 1951, dass das „75-jährige Fräulein Gretchen Hörnig, Besitzerin des Gasthofs „Zur Alten Post“ erzählt, war in dem alten Rathaus die Schule untergebracht. Ihr 1850 geborener Vater hat diese Schule besucht und ist auch aus ihr entlassen worden“. Nach 1870 sei das Gebäude abgerissen worden und die sogenannte Knabenschule wurde gebaut.
Bei seinem Amtsantritt 1883 teilte Bürgermeister Gerhard Christian Hartstein (1883 – 1917) dem Rheinbacher Landrat mit, dass er das „Amtslocal aus der Thiesen´schen Behausung“ in die Wohnung des Steuerempfängers Offermann an die Flerzheim-Bonner Straße verlegt habe.[12] Christian Thiesen war Meckenheims Bürgermeister von 1864 bis 1883.
Ein Bürgermeistereihaus an der Bahnhofstraße
Sieben Jahre später, 1890, wandten sich die „Abgeordneten der Bürgermeisterei Adendorf“ in einem besonderen Anliegen an Bürgermeister Gerhard Christian Hartstein. Sie stellten fest, dass die meisten der umliegenden Ortschaften Bürgermeistereihäuser, also Rathäuser besaßen. In der Bürgermeisterei Adendorf sei jedoch kein Verwaltungsgebäude vorhanden. Die Abgeordneten teilten dem Bürgermeister mit, dass sie in der nächsten Bürgermeistereiversammlung beschließen werden „für die Bürgermeisterei ein Bürgermeistereihaus bestehend aus den zum Dienstgebrauch erforderlichen Amtsräumen und einer freien Wohnung für den zeitigen Bürgermeister zu erbauen.“ Um die Bürgermeistereikasse nicht zu belasten, sollten für den Bau die bei der Kreissparkasse angelegten Rechnungsbestände verwendet werden.
Am 2. März 1891 fand eine Sitzung der Bürgermeistereiversammlung statt, bei der von den 19 Mitgliedern der Bau eines Bürgermeistereihauses beschlossen wurde. Eine Baukommission wurde ernannt und Kreisbaumeister Wagner sollte die Bauleitung übernehmen.[13] Drei Grundstücke standen zur Wahl. Eines, der in der Bahnhofstraße gelegene sogenannte „Koerfgens-Garten“, dessen Eigentümer Bürgermeister Hartstein war, wurde als geeignet angesehen. Für insgesamt 1.200 Mark, was der Selbstkostenpreis sei, wie Hartstein betonte, kaufte die Bürgermeisterei das Grundstück, das an der Bahnhofstraße lag. Der Bau sollte die Summe von 18.000 Mark nicht übersteigen.[14]
Die Kommission prüfte verschiedene Pläne und beschloss einstimmig, „das betr. Gebäude nach dem vorbezeichneten Project des Herrn Kreisbaumeisters Wagner vom 29. Juli auszuführen und diese Ausführung den vorbemerkten Plan und Kostenanschlag zum Grunde zu legen.“[15] Ebenso wurde beschlossen, mit der Bekanntmachung und Ausführung sofort zu beginnen, solche im Bonner General-Anzeiger 3 Mal und im Kreisblatt zu Rheinbach und in der Meckenheimer Zeitung 2 Mal auszuschreiben.
Der folgende Text wurde in den Zeitungen veröffentlicht: „Die zum Bau eines Bürgermeisterei Gebäudes in Meckenheim erforderlichen Arbeiten u. Lieferungen sollen zusammen oder getrennt vergeben werden. Zeichnungen, Kostenanschlag, Bedingungen etc. können auf dem Bureau des Unterzeichneten in den Stunden von 9 bis 12 Uhr Vormittags eingesehen werden. Die verschlossenen, mit entsprech. Aufschrift verseh. schriftlichen Angebote sind bis zum 15. August Nachmitt. 4 ½ Uhr bei mir einzureichen woselbst auf deren Eröffnung am selben Tage Nachmitt. 5 Uhr in Gegenwart der etwa erschienenen Bieter erfolgt.
Meckenheim, den 1. August 1891. Der Bürgermeister. Hartstein“[16]
Insgesamt 26 Angebote gingen ein, zum größten Teil von Meckenheimer Firmen, aber auch von Firmen aus Gelsdorf, Witterschlick oder Kessenich. Die Kommission beschloss, „dem Ger(har)d und Christian Fey in Meckenheim die Arbeiten und Lieferungen zu dem abgegebenen Gebote von 8% unter dem Kostenanschlag, daß sind 1440 Mark zu übertragen.“[17] Am 21. August 1891 wurde der Vertrag unterzeichnet, in dem sich Feys verpflichteten, die Pläne, den Kostenanschlag und die speziellen Bedingungen einzuhalten.
Bereits im August 1892 berichtete Hartstein dem Landrat: „Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich hierdurch gehorsamst anzuzeigen, dass das Amtslocal des unterzeichneten Bürgermeisters sich von Montag den 15. ds. Mts. [August] ab, in dem auf der Bahnhofstraße dahier neu erbauten Dienstgebäude befindet.“[18]
Bereits im 19. Jahrhundert wurden öffentliche Bauten letztlich teurer als geplant. Das verdeutlicht eine Beschwerde des Buchbinders und Schreibwarenhändlers Peter Beissel über Bürgermeister Hartstein beim Landrat von 1895. Beissel war bis zur Amtseinführung Hartsteins Bürgermeistereisekretär. Nach dessen Übernahme des Amtes wurde er auf Veranlassung Hartsteins entlassen, was ihn zu vielen Klagen gegen diesen veranlasste.
Hartstein rechtfertigte die Mehrausgaben.
Es sei bei der Planung kein Wasseranschluss und kein „Ökonomiegebäude“ geplant worden. Daher habe man, um den Bau beginnen zu können, einen Brunnen mit Pumpe und ein Nebengebäude mit Waschküche, Raum für Holz und Kohlen, einen kleinen Stallraum und eine Düngergrube aufrichten müssen. Nach Plan bestand das Erdgeschoss des neuen Dienstgebäudes aus zwei Büroräumen, einem Sprechzimmer und der Registratur. In der ersten Etage war die Wohnung des Bürgermeisters, fünf Zimmer und eine Küche sowie auf dem Speicher vier Gesindestuben.
Die Mehr- und Nebenarbeiten beliefen sich auf ca. 9.800 Mark berief sich Hartstein auf eine Schätzung des Kreisbaumeisters. Eine genaue Summe könne er nicht nennen, da der Bau noch nicht endgültig abgenommen sei, „und zwar deshalb nicht, weil sich erfahrungsmäßig bei jedem Neubau etwaige Mängel und Fehler erst nachher zeigen.“[19]
Außerdem weist Hartstein empört darauf hin, dass er der Bürgermeisterei zehn Jahre zwei Büroräume in seiner Wohnung zur Verfügung gestellt habe, die er unentgeltlich geheizt, beleuchtet und gereinigt habe, was ihn mindestens 400 Mark jährlich gekostet habe. Auch die Baustelle für das neue Amtshaus habe er der Bürgermeisterei für 1.200 Mark überlassen, obwohl sich seine Kosten für das Grundstück auf 3.600 Mark belaufen hatten. Sämtliche Dienstreisen bezahle er obendrein selbst.[20]
1897 beschwerte sich Kreisbaumeister Wagner, dass er das für die Bauleitung vereinbarte Geld von 947,90 Mark noch nicht erhalten habe. Dabei erwähnte er auch eine Gesamtsumme von 30.271 Mark, die der Bau des Bürgermeistereihauses gekostet habe. Die veranschlagten Kosten von 18.000 Mark wurden demnach erheblich überschritten.
Bürgermeister Hartstein vermietete 1903 für die Bürgermeisterei die Wohnung bestehend aus 4 Zimmern in der 1. Etage und 3 Zimmern in der 2. Etage sowie die Hälfte des Hausgartens, die Waschküche im Anbau und den linken Teil des Stalls für jährlich 200 Mark an den „königlichen Forstaufseher“ Theodor Proeser. Neben den Büros im Erdgeschoss verfügte die Amtsverwaltung über zwei Zimmer im Speicher für ihre Akten.
Bis auf die Amtskasse waren nun alle Verwaltungsräume im Bürgermeistereihaus in der Bahnhofstraße untergebracht. Die Kasse befand sich in einem Haus am heutigen Kirchplatz, dem damaligen Marktplatz. 1937 sollte die Kasse in das nun Bürgermeisteramt genannte Gebäude verlegt werden. Dazu plante der Bonner Architekt Karl Oldag „die Trennmauer zwischen den beiden vorderen Zimmern links des Eingangsflures“ herauszunehmen und einen „Zahltisch mit einer Durchgangsklappe“ einzubauen. „Rechts des Altbaus soll ein eingeschossiger Anbau errichtet werden. Der jetzige Flur wird verlängert. Hierdurch entstehen zwei Büros und ein Zimmer, welches als Konferenzzimmer und Trauzimmer benutzt wird.“[21] Das Trauzimmer sollte „einfach und würdig“ ausgestattet werden. Der Anbau wurde schließlich an die linke Seite des Bürgermeisteramtes gesetzt.
Da die Altstadt im Zweiten Weltkrieg, am 2. und 5. März 1945, zu einem großen Teil zerstört wurde, riefen der historisch interessierte Amtsdirektor Hermann Schoßier (1949 - 1954) sowie Oberpfarrer Heinrich Broelsch (1944 – 1960) 1951 dazu auf, Gegenstände und Schriftstücke, welche die Geschichte Meckenheims dokumentieren, bei der Verwaltung abzugeben. Schoßier plante nämlich in der Unteren Mühle ein Stadtarchiv und ein kleines Museum einzurichten. Der langjährige Lehrer Theo Wiesel erinnerte sich nun, dass er nach der Bombardierung ein wertvolles Andenken an das alte Rathaus gerettet hatte. Auf dem Dach des Rathauses war eine Wetterfahne angebracht, die bei seinem Abriss im Bauschutt lag. Der Wirt des Restaurants „Zur Glocke“, August Nierendorf, nahm die Wetterfahne an sich. Die aus Metall bestehende Wetterfahne stellt eine Meerjungfrau dar, in sie sind die Jahreszahl 1663 und das kurkölnische Kreuz eingestanzt. Nierendorf befestigte sie in seinem Restaurant an der Wand. Als er ein Gastzimmer als eine Bauernstube einrichten ließ, wurde die Wetterfahne in einen kleinen Kronleuchter eingebaut. Im März 1945 wurde das Gasthaus „Zur Glocke“ zerstört, Lehrer Wiesel barg den Kronleuchter aus den Trümmern und gab sie 1951 an Amtsdirektor Schoßier weiter. Sie wurde aus dem Kronleuchter entfernt und in der Stadtverwaltung aufbewahrt. Später zierte sie eine Wand des Foyers im Rathaus an der Bahnhofstraße.
1945 begann man, Pläne zum Wiederaufbau der Stadt zu machen. Dabei stand auch der Bau eines neuen Rathauses im Zentrum der Altstadt, neben der katholischen Pfarrkirche zur Diskussion. Dort hatte der Fronhof des Cassiusstiftes gestanden, später der Landgut- und Baustoffhandel von Friedrich Steffens sowie die „Villa Steffens“, eine Gründerzeitvilla, die jedoch bei der Bombardierung Meckenheims schwer beschädigt wurde. Die Stadt Meckenheim kaufte Haus und Grundstück. Allerdings wurden die Pläne nicht umgesetzt.
Das Rathaus nach 1965
Die Stadt Meckenheim wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders nach der Gründung der Entwicklungsgesellschaft Meckenheim-Merl 1962. Mit ihr wuchsen auch die Verwaltungsaufgaben, so dass es an genügend Räumen für die städtischen Mitarbeiter mangelte. 1965 wurde daher mit der Planung einer Erweiterung des Rathauses begonnen. Acht Büroräume in einem erdgeschossigen Trakt sollten längs der Grenze zum linken Nachbarn in der gesamten Grundstückstiefe gebaut werden. Dadurch blieb eine Hoffläche erhalten, die als Parkfläche für PKW diente. Der Platz im hinteren Teil dieses Hofes war in der 1960er Jahren noch als Wäscheplatz vorgesehen, heute sind dort Garagen gebaut.
Die räumliche Verbindung zum Altbau wurde durch einen vom Hof zugänglichen „Windfang“ geschaffen. Hier war ein kleiner 1 ½ geschossiger Anbau, der nun bis auf ein Geschoss abgetragen wurde. Auch eine neue WC-Anlage entstand im Anbau, so dass die alte Anlage im Treppenhaus abgerissen werden konnte.[22] 1966 wurden diese Pläne realisiert und das Rathaus in der Bahnhofstraße erhielt die Gestalt, die Meckenheims Bürgerinnen und Bürger bis heute kennen.
Allerdings reichten die Räume für die stetig wachsende Verwaltung nie aus. Zahlreiche Meckenheimerinnen und Meckenheimer werden sich noch daran erinnern, dass der Stadtrat viele Jahre in der Hauptstraße 10 tagte, außerdem arbeiteten die Mitarbeiter von Stadtkasse, Steueramt, Kämmerei und Stadtwerken in diesem Verwaltungsgebäude.
In der Hauptstraße 28 waren das damalige Einwohnermeldeamt und das Ordnungsamt untergebracht. Das Sozialamt hatte seinen Standort im EMM-Gebäude am Neuen Markt. Erst als 2000 das Verwaltungsgebäude Reginahof bezogen wurde, konnten die Außenstellen der Stadtverwaltung aufgegeben werden. Der Stadtrat und seine Ausschüsse tagten zur dieser Zeit bereits seit einigen Jahren in den Sitzungsräumen im Ruhrfeld. Dort fand auch das neue Meckenheimer Jugendamt seinen Platz.
Planungen für ein neues Rathaus
Die Übernahme neuer Aufgaben, die immer komplexer werdenden Arbeitsgebiete bedingen, dass eine Verwaltung stetig wächst. Bei der Planung der neuen Stadt war zwar ein Rathausgrundstück am Neuen Markt reserviert worden, dieses wurde jedoch für den Bau einer Senioreneinrichtung genutzt.[23]
Gleichzeitig stieg der Bedarf an weiteren Büros für die steigende Mitarbeiterzahl, die an vier unterschiedlichen Standorten arbeiteten. Die Verwaltungsspitze begann sich daher ab 2010 intensiv mit der Zentralisierung der Stadtverwaltung zu befassen, um ein modernes und zeitgemäßes neues Rathaus zu planen. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergab, dass ein Rathausneubau am Standort Siebengebirgsring in Verbindung mit der Sanierung der Jungholzhalle im ÖPP-Inhabermodell (öffentlich-private Partnerschaft) die größten wirtschaftlichen Vorteile erwachsen lasse.
Am 23. November 2011 fasste der Stadtrat den Grundsatzbeschluss, die Verwaltung zu beauftragen mit den nötigen vergaberechtlichen und baurechtlichen Verfahrensschritten für den Neubau zu beginnen. Im Juli 2013 wurde die öffentliche Vergabebekanntmachung im Supplement des EU-Amtsblattes veröffentlicht. Insgesamt sieben Unternehmen hatten bis Juni 2014 ein Angebot abgegeben. Nach zwei Auswertungsrunden fiel die Entscheidung des Stadtrates für den Neubau von Rathaus und Jungholzhalle am 10. Dezember 2014 auf die Firma Goldbeck West GmbH. In den nächsten zehn Monaten bis Oktober 2015 stagnierte die Planung, da die vom Rat getroffene Vergabeentscheidung von einem unterlegenen Bieter vor der Vergabekammer angegriffen wurde. Aber auch diese Hürde konnte letztlich im September 2015 genommen werden.
Bürgermeister, Verwaltungsvorstand und Rat freuten sich, am 15. April 2016 zur Grundsteinlegung für den neuen Bau einladen zu können.[24] Geplant und schließlich ausgeführt wurde ein viergeschossiges Gebäude, dessen Räumlichkeiten sich um einen zentralen begrünten Innenhof ordnen mit einer Brutto-Grundfläche von ca. 6000 m2.
An ein zweigeschossiges Foyer als Verbindungsgebäude mit Zugang zum Verwaltungs- und Besprechungsbereich sowie dem Ratssaal grenzt die neue Jungholzhalle für Veranstaltungen mit bis zu 800 Besuchern. Bereits am 9. September 2016 konnte das Richtfest gefeiert werden. Nach dem Umzug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus vier verschiedenen Standorten in das neue Rathaus, das die Adresse Siebengebirgsring 4 hat, wurde am 23. Juni 2017 die Eröffnung gefeiert. Am 24. Juni 2017 wurde das Rathaus dann in einem Tag der offenen Tür den Meckenheimer Bürgern vorgestellt.
[1] LA NRW, Unterherrschaft Meckenheim, Akten Nr. 32 In späteren Quellen wird der Begriff Gewaltschultheiß nicht mehr verwendet, sondern der Amtsinhaber Schultheiß genannt; diese Bezeichnung wird im Folgenden übernommen.
[2] LA NRW, Kurköln II 5109
[3] LA NRW. Kurköln II 5106
[4] StAM, Archiv von Cler Nr. 26
[5] Klaus Flink, Vom Fronhof zur feld statt, in: Studien und Quellen zur Geschichte der Stadt Meckenheim, Bd. 1, Meckenheim 1977, S. 60
[6] vgl. Anm. 5, S. 67
[7] StAM, Archiv von Cler, Nr. 82
[8] LA NRW, Unterherrschaft Meckenheim, Akten Nr. 20 a
[9] LA NRW, Kurköln II, Teil I, 5320
[10] Johann Heinrich Holthöwer war Buchbinder, sein Sohn auch Fotograf. Sein Wohnhaus und Geschäft hatte er in der Hauptstraße. Später wurde an seine Stelle Café und Bäckerei Rausch gebaut, das spätere Hotel und Restaurant.
[11] StAM, Amt Meckenheim Nr. 204
[12] LA NRW, Landratsamt Rheinbach Nr. 88
[13] StAM, Amt Meckenheim Nr. 60
[14] StAM, Amt Meckenheim Nr. 989
[15] vgl. Anm. 12
[16] vgl. Anm. 12
[17] vgl. Anm. 12
[18] vgl. Anm. 11
[19] LA NRW, Landratsamt Rheinbach Nr. 89
[20] vgl. Anm. 18
[21] Stadt Meckenheim, Bauakte
[22] vgl. Anm. 20
[23] Hier befindet sich heute das Johanniter-Stift Meckenheim
[24] Die in den Grundstein eingemauerte Zeitkapsel enthält eine Urkunde, EURO-Münzen, die Rede des Bürgermeisters, Baupläne, je eine Ausgabe des Bonner General-Anzeigers und der Bonner Rundschau sowie den Grundsatzentschluss des Rates von 23. November 2011.
Bildverzeichnis
Bild 1: Rechnung des Schultheißen zu Meckenheim Johann Schüller für das Mariengradenstift von 1584. (StAM, Archiv von Cler Nr. 26)
Bild 2: Brief des Bürgermeisters, der Schöffen und des Rates der Stadt Meckenheim an Dechant und Kapitel des Stiftes Mariengraden wegen einer Beisteuer zur Erbauung des angefangenen neuen Rathauses. (StAM, Archiv von Cler, Nr. 82)
Bild 3: Postkarte Meckenheim und Umgebung 1825. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 4: Abbildung des Rathauses auf der Postkarte Meckenheim und Umgebung 1825. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 5: Bürgermeister Christian Thiesen. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 6: Bürgermeister Christian Hartstein. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 7: Das Bürgermeisteramt an der Bahnhofstraße um 1910. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 8: Luftbild des Rathauses um 1960. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 9: Das Rathaus um 1960. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 10: Bauzeichnung des Rathauses 1939. (Stadt Meckenheim, Bauakte)
Bild 11: Zeichnung: Das Rathaus neben der Pfarrkirche auf dem Gelände des ehemaligen Fronhofes. (StAM, Bild- und Kartensammlung)
Bild 12: Bau eines neuen Treppenhauses 1975. (Stadt Meckenheim, Bauakte)
Bild 13: Rückseite des Rathauses um 1970. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 14: Hauptstraße 10 – mittleres. Grünes Haus - um 1980. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 15: Das Rathaus in den 1980er Jahren. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 16: Das Rathaus um 2003. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 17: Grundsteinlegung am 15. April 2016; v.l. Landrat Sebastian Schuster, Bürgermeister Bert Spilles, Hans Walter Klein, Geschäftsführer Fa. Goldbeck Monheim, Architekt Gunnar Ramsfjell. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 18: Urkunde in der Zeitkapsel des Grundsteins. (StAM, Fotoarchiv)
Bild 19: Das neue Meckenheimer Rathaus am Siebengebirgsring. (Stadt Meckenheim)
Bild 20: Die Wetterfahne des alten Rathauses. (StAM, Fotoarchiv)
© Stadt Meckenheim 2017
Stadtarchiv, Siebengebirgsring 4, 53340 Meckenheim
Text Ingrid Sönnert M.A.